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Die Riedlkapelle in Großamberg

Die Ehe war kinderlos geblieben. In seinem Testament - Franz Riedl hatte es 1881 verfaßt - setzte er seine Gattin als Universalerbin ein: „Mein letzter Wille. Ich endesgefertigter erkläre vollen Bewußtsein und Vernunft meine mir angetraute Gattin Rosalie Riedl geborene Kaufmann, nach meinem Tode als Universalerbin meines ganzen beweglichen und unbeweglichen Eigenthums und erkläre daß niemand wie immer Namen habende Person einen Anspruch auf das geringste zu machen berechtigt ist. Folgend meine und zweier oder dreier erbetener Zeugen eigenhändige Unterschrift am 11. Oktober 1881. Franz Riedl Baumeister.“ (Abb.7). Rosalie Riedl trat die Erbschaft an. Sie übernahm „das bewegliche und unbewegliche Eigenthum“ - und die darauf lastenden Hypotheken.

Abb.7. Testament von Franz Riedl
 
Anton Winklmüller und Marie Winkelmüller

Anton Winklmüller wurde am 12. Juni 1825 als Sohn des Johann Georg Winklmüller und seiner Gattin Barbara, geb. Strasser, in Linz, Kapuzinerfeld 643, geboren. Der Vater war als Maurer tätig. Die Mutter, Tochter eines Lebzelters in Grieskirchen, stand in Diensten bei dem „bürgerlichen Lebzelter“ Martin Döck in der Hofgasse in Linz.

Auch Anton Winklmüller erlernte das Maurerhandwerk und wurde Bauzeichner. Er heiratete am 3. August 1862 Maria Anna Kaufmann, die Schwerster von Rosalia Kaufmann, der späteren Gattin Franz Riedls (Abb.8). Unter den Trauzeugen fand sich Michael Riedl, der Vater von Franz Riedl.

Der Seidenfärber Josef Kaufmann und seine Gattin Theresia, geb. Wallenfels, hatten neun Kinder. Sechs waren bereits im ersten Lebensjahr gestorben. Ein Sohn verstarb mit 26 Jahren. Lediglich die beiden Töchter Maria Anna und Rosalia überlebten.

Das jung verheiratete Ehepaar Winklmüller wohnte damals im Haus des Bäckers Josef Bergmayr in Urfahr 245 (alte Ottensheimerstraße, heute Maximilianstraße 19). Maria Anna schenkte Anton Winklmüller drei Söhne und zwei Töchter. Doch alle fünf Kinder starben.

Abb.8. Verwandtschaftsverhältniß der Familien Kaufmann, Winklmüller und Riedl

Da taucht nun ein Mädchen namens Marie Winkelmüller auf. Sie wurde am 8. September 1865 geboren. Ihr Geburtsdatum fällt mitten in die Reihe der früh verstorbenen fünf Winklmüllerkinder (Geburtsdaten: 29.10.1862, 28.12.1863, 23.4.1866, 17.6.1867, 30.8.1869). Wenn man bedenkt, daß eine Schwangerschaft neun Monate dauert und daß damals eine Frühgeburt von sechs bis sieben Monaten kaum Überlebenschancen hatte, kann Marie Winkelmüller keine leibliche Tochter der Familie Winklmüller gewesen sein. Es ist anzunehmen, daß das Mädchen adoptiert wurde. In den Taufmatriken der Pfarre Urfahr, aber auch in den Matriken der Linzer Pfarren fand ich kein Mädchen namens Marie, das Marie Winkelmüller entsprechen könnte. Auch die Aufzeichnungen der Gebär- und Findelanstalt (heute Landesfrauenklinik) geben keinen Aufschluß. Wer Marie Winkelmüller war und woher sie stammte, bleibt weiterhin ein Geheimnis. Die Schreibweise des Familiennamens Wink(e)lmüller wechselt in den Dokumenten.

Im Februar 1878 verlor Anton Winklmüller seine Frau. Sie war mit 37 Jahren der Tuberkulose erlegen. Winklmüller heiratete ein zweites Mal und nahm 1882 die 27 Jahre jüngere Marianne Reisecker zur Gattin, eine Tochter des k.k. Bezirkskommissärs Matthias Reisecker zu Grein an der Donau. Trauzeuge war diesmal Franz Riedl, in dessen Haus in der Rosenstraße auch die Hochzeit stattfand. Anton Winklmüller stand bereits im 57. Lebensjahr. Im April des darauf folgenden Jahres erblickte Tochter Rosalie das Licht der Welt. Die Familie Winklmüller wohnte nun in der Kreuzstraße 7 in Urfahr.

Doch nur wenige Jahre später, kurz vor Weihnachten des Jahres 1886, verstarb Anton Winklmüller. Als Todesursache wird „Blutzersetzung“ angegeben. Anton Winklmüller wurde auf dem Urfahrer Friedhof begraben. Auf der Todesanzeige der Linzer Tages-Post scheinen unter den Angehörigen Gattin Marianne, die Töchter Marie und Rosalie sowie die Schwäger Franz und Rosalie Riedl auf.

Welches Schicksal der Witwe und den beiden Töchtern in den darauffolgenden Jahren beschieden war, konnte ich nicht ausreichend klären. 1892, als Franz Riedl starb, scheint Marianne Winklmüller auf der Todesanzeige nicht mehr auf. Und 1895 lebten die Töchter Marie und Rosalie bereits bei ihrer Tante, der verwitweten Rosalie Riedl. Aus den Matriken ließ sich über den Verbleib von Marianne Winklmüller kein Anhaltspunkt erhalten.

Marie Winkelmüller lernte in den Jahren 1893/94 ihren Bräutigam kennen, Oberleutnant Franz Préveaux. Sein Regiment war damals in Linz stationiert. Doch zur Hochzeit kam es nicht, denn Marie Winkelmüller ereilte am 9. September 1895 der Tod, einen Tag nach ihrem 30. Geburtstag. Eine Lungenentzündung war ihr zum Verhängnis geworden.

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Text und Fotos (c) Dr. Thomas Schwierz